Ursula Biemann

Die schweizerische Künstlerin, Autorin und Video-Essayistin Ursula Biemann entwickelt seit einiger Zeit poetische Science-Fiction zum Thema Ökologie, Klimaveränderung und Meeresforschung. In ihren beiden Film-Essays ›Subatlantic‹ (2015, 11 Minuten) und ›Acoustic Ocean‹ (2018, 18 Minuten) spekuliert sie über neue Lebensformen, fiktive Zusammenhänge und Entwicklungen des planetarischen Ökosystems. Dazu bereist sie entlegene Gebiete und dokumentiert Phänomene des Klimawandels und sich wandelnder Ökologien. Das Video suggeriert, dass die Shetland-Inseln, Grönlands Disko-Bucht oder eine winzige Karibikinsel zwar weit auseinander liegen aber durch Ozeanströme verbunden sind. Diese bestimmen die Temperaturen des Meeres wie auf dem Land.

›Subatlantic‹ beschäftigt sich mit den gravierenden Veränderungen durch Gletscherschmelze und dem weltweiten Abbau fossiler Brennstoffe und taucht dafür mit ihrer Kamera die Tiefen der Ozeane. Eine Wissenschaftlerin erzählt von Untersuchungen an Jahrtausende eingefrorenen Mikroorganismen, die nun wieder ins Flüssige strömen und das Ökosystem mit archaischer DNA verändern. So sind geologische Tiefengeschichte und Klimatologie heute kontinuierlich verbunden und eröffnen Raum für Spekulationen über den Beginn neuer Arten.

In ›Acoustic Ocean‹ untersucht eine Wissenschaftlerin auf den Lofoten im Norden Norwegens mit Hydrophonen und parabolischen Mikrofonen die akustische Ökologie der Ozeane. In ihrem orangen Anzug erscheint die Meeresakustikerin selbst bereits wie eine techno-organische Verbindung. Als Aquanautin schließt sie ihren Körper über sensorische Instrumente mit der klanglichen Wasserwelt kurz. Ihre Mikrophone legt sie wie Tentakel auf die Felsen am Ufer und ins dunkle Nass und ist neugierig auf neue Sinneswahrnehmungen und Botschaften. Der Meeresboden ist ein wichtiger Kommunikationsraum für viele Lebewesen der Meerestiefen. Angesichts der schlechten Sichtverhältnisse in der Tiefsee, ist die klangliche Dimension das wichtigste Mittel der Navigation im Halbschatten dieses uns fast völlig unbekannten flüssigen Universums.

In beiden Film-Essays wird über neue Lebensformen, fiktive Zusammenhänge und Entwicklungen des planetarischen Ökosystems spekuliert.